sabato 29 agosto 2009

Erster Entwurf eines politischen Dokuments für ein Landesgesetz zur Integration 05/08/2009





1. Natur und Ziel des Dokuments
Mit diesem Dokument möchte sich das Netzwerk “Rete per i diritti dei senza voce” an der Diskussion beteiligen und damit zur gegenseitigen Anerkennung sowie zur Integration der verschiedenen in Südtirol lebenden Teile der Bevölkerung beitragen. Der soziale Zusammenhalt, d.h. die Überbrückung der sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und ethnischen Ungleichheiten, ist eine Voraussetzung für eine ausgewogene und harmonische Entwicklung des Landes und kann die wirtschaftliche Attraktivität, das wettbewerbsorientierte Wachstum sowie seine allgemeine wirtschaftliche Entwicklung positiv beeinflussen.

2. Das Umfeld
In Südtirol leben seit mehreren Jahrzehnten verschiedene Sprach- bzw. Kulturgruppen. Seit den 80iger Jahren sind neue aus verschiedenen Ländern aller Welt stammende Minderheiten hinzugekommen. Wie es in ganz Italien und ganz Europa der Fall ist, haben sich diese Menschen fest niedergelassen und sind nicht mehr nur vorübergehend im Lande anwesend. Mittlerweile gibt es schon zweite Generationen, die in Italien geboren sind und die aufgrund der einschränkenden staatlichen Bestimmungen nicht in den Genuss der aus der Bürgerschaft erwachsenden Rechte kommen. In unserem wirtschaftlichen Gefüge sind diese neuen Arbeitskräfte unentbehrlich geworden. Die in einem Stabilisierungsprozess begriffenen Migranten sind in Wirtschaftsbereichen tätig, von denen sie früher ausgeschlossen waren, sind gewerkschaftlich vertreten und haben zunehmend Führungsrollen im Vereinswesen und im Beruf. Die Migranten sind heute ein Bestandteil unserer Autonomie.

3. Wieso braucht es ein Landesgesetz zur Einwanderung
Die autonome Provinz Bozen ist die einzige italienische Gebietskörperschaft, die noch kein organisches Gesetz über die Integration der Migranten hat, während im restlichen Italien einige Regionen ihre Bestimmungen bereits wiederholt reformiert und an die neuen Gegebenheiten angepasst haben. Nichtsdestotrotz ist die Integration so wie in anderen Regionen weitergegangen, wie auch aus den Berichten des CNEL (Nationaler Wirtschafts- und Arbeitsrat) über den Integrationsindex hervorgeht. Das Fehlen eines Gesetzes behindert jedoch eine kurz- und mittelfristige Planung sowie die Umsetzung von Maßnahmen. Auch hat der fehlende gesetzliche Rahmen verstärkt zu zahlreichen nicht abgestimmten bereichsspezifischen Gesetzesmaßnahmen geführt, die in einigen Fällen das von den italienischen und europäischen Rechtsvorschriften vorgesehene Recht auf Gleichbehandlung verletzen. Um das bisher erreichte Integrationsniveau und den bestehenden Zusammenhalt beizubehalten, zu gewährleisten und zu verbessern, hofft das Netzwerk “Rete dei diritti dei senza voce“ auf eine Verabschiedung eines eigenen Landesgesetzes zur Integration.

4. Gemeinsame Grundprinzipien
Das neue Landesgesetz sollte sich an den Gemeinsamen Grundprinzipien der Europäischen Kommission „Eine gemeinsame Integrationsagenda – Ein Rahmen für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die Europäische Union“ (siehe Anhang) orientieren.
Die Prinzipien unterstreichen auf allen Ebenen die Wichtigkeit der Achtung der Grundrechte, der Nichtdiskriminierung und der Chancengleichheit als Grundelemente der Integration, wobei auch die geschlechtsspezifische Perspektive und eine besondere Aufmerksamkeit für die Jugendlichen und die Kinder nicht vergessen werden sollten.

5. Die Maßnahmen
Um die von der Kommission ausgearbeiteten Integrationsprinzipien umzusetzen ist es nach Meinung des Netzwerkes notwendig, im Gesetz vorzusehen, wie der Eingliederungsprozess zu steuern ist. Zu diesem Zweck braucht es eigene Stellen zur Ausarbeitung sowie zur Umsetzung und Überwachung der Maßnahmen. Diese Gremien, die völlig unabhängig sind und weitgehende Finanzautonomie haben, müssen ein mehrjähriges Programm sowie eine Reihe von Maßnahmen, die jährlich umzusetzen sind, ausarbeiten.
Das Gremium, das das mehrjährige Programm für die Eingliederungspolitik ausarbeiten und vorlegen muss, wird von der Landesregierung ernannt. Vorsitzende/r ist der/die für Einwanderung zuständige Landesrat/Landesrätin. Im Gremium müssen alle Gesellschaftsbereiche ausgewogen vertreten sein, mit besonderem Augenmerk auf die Vereinigungen der Migranten und die Vereinigungen, die im Bereich der Immigration tätig sind. Zudem müssen sowohl die Maßnahmen als auch deren Umsetzung ständig von autonomen und unabhängigen Organismen überwacht und bewertet werden.
Die Ausarbeitung einer wirksamen Integrationspolitik setzt auch eine umfassende Kenntnis der Situation bzw. des Phänomens voraus. Diese Kenntnis kann auch eine eigene Institution, wie z.B. eine Beobachtungsstelle vermitteln, die mit der Forschung und der Überwachung der lokalen Migrationsdynamiken, mit Bezug auf die gesamtstaatlichen und die europäischen, beauftragt ist.
Was die notwendige Überwachung und Bewertung der Integrationspolitik auf Landesebene anbelangt, so müssen diese Funktionen unabhängigen und sachverständigen Gremien, auch außerhalb des Landes, übertragen werden, und zwar in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Körperschaften, die Forschung betreiben, wie z. B. die Universität und Forschungszentren mit Schwerpunkt Migration.

6. Beteiligung und politische Vertretung der Migranten
Derzeit ist die politische Vertretung der Ausländer in Südtirol ausschließlich den beiden mittels Wahl bestellten Beiräten der AusländerInnen in Bozen und Meran anvertraut. In Italien haben Nicht-EU-Bürger weder ein aktives noch ein passives Wahlrecht. EU-Bürger können an den Europawahlen und an den Gemeindewahlen teilnehmen, vorausgesetzt, dass sie in eigenen dazu vorgesehenen Listen eingetragen sind. In anderen EU-Staaten wie Niederlande, Großbritannien, Spanien und Belgien haben die Ausländer bei den Gemeindewahlen sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht. Auch wenn es nicht möglich ist, in Südtirol Gesetze zu verabschieden, die im Gegensatz zu den Staatsgesetzen stehen, fordert das Netzwerk „Rete per i diritti dei senza voce“ die autonome Provinz auf, sich einzusetzen, damit mindestens in allen 116 Südtiroler Gemeinden Beiräte oder zusätzliche Räte eingerichtet werden sowie einen mittels Wahl zu bestellenden Landesbeirat der Ausländer einzurichten, wie es bereits in der Provinz Pisa der Fall ist, wo die Mitglieder an den Arbeiten der Ratskommissionen teilnehmen können.

7. Diskriminierungen
Das künftige Landesgesetz zur Integration wird zunächst alle Bestimmungen angehen müssen, die die Ausländer diskriminieren, und insbesondere:
1. was den Zugang zur Wohnung anbelangt, sollte beim geförderten Wohnbau dem Bedürfnis wieder der Vorrang gegeben und demzufolge sowohl das Landesgesetz Nr. 9/2008 als auch der entsprechende Beschluss der Landesregierung vom 20. Juli 2009, Nr. 1885, überarbeitet werden;
2. was das Recht auf Bildung anbelangt, soll die diskriminatorische Bestimmung laut Landesgesetz Nr. 9/2004 abgeschafft werden, die den ausländischen Studenten den Zugang zu Studienbeihilfen für den Besuch von Universitäten außerhalb Südtirols verwehrt;
3. auch was die finanzielle Sozialhilfe anbelangt, sollte die Bestimmung des Dekrets des Landeshauptmanns vom 11. August 2000, Nr. 30, welche die Inanspruchnahme der Beihilfen durch Ausländer auf zwei Monate im Jahr beschränkt, überarbeitet werden.

Zudem hofft das Netzwerk, dass in Durchführung europäischer Rechtsakte die Beobachtungs-Antidiskriminierungs-, Rechtsberatungs- und Informationsstelle für Opfer von Diskriminierungen rassistischer, ethnischer, religiöser und herkunftsgebundener Art wieder eingerichtet wird.
Aufgaben dieser Stelle sind:
- Überwachung und Erfassung der Diskriminierungen im Rahmen eines Netzwerkes von öffentlichen und privaten Akteuren, die in Südtirol tätig sind;
- Information und Sensibilisierung zwecks Förderung der Kultur der Chancengleichheit und der vollen Staatsbürgerschaft für alle;
- Beistand für die Opfer von Diskriminierungen sowie deren direkter und indirekter Schutz.
Schließlich sollte auch diese Stelle, so wie die obgenannten Strukturen, Finanzautonomie und volle Autonomie in der Verwaltung haben sowie in Zusammenarbeit mit den anderen in Südtirol in diesem Bereich tätigen Objekte ein mehrjähriges Programm in Sachen Antidiskriminierung und einen Jahresplan der entsprechenden Maßnahmen mit deren Umsetzung ausarbeiten können.



Anhang:


Gemeinsame Grundprinzipien für die Politik der Integration von Einwanderern in der Europäischen Union.

1. Die Eingliederung ist ein dynamischer, in beide Richtungen gehender Prozess des gegenseitigen Entgegenkommens aller Einwanderer und aller in den Mitgliedstaaten ansässigen Personen.
2. Die Eingliederung erfordert die Achtung der Grundwerte der Europäischen Union.
3. Die Beschäftigung ist eine wesentliche Komponente des Eingliederungsprozesses und ist für die Teilhabe von Einwanderern, für ihren Beitrag zur Gestaltung der Aufnahmegesellschaft und für die Verdeutlichung dieses Beitrags von zentraler Bedeutung.
4. Grundkenntnisse der Sprache, Geschichte und Institutionen der Aufnahmegesellschaft sind eine notwendige Voraussetzung für die Eingliederung; Einwanderer können nur dann erfolgreich integriert werden, wenn sie die Möglichkeit erhalten, diese Grundkenntnisse zu erwerben.
5. Im Bildungswesen müssen Anstrengungen unternommen werden, um Einwanderer und vor allem auch deren Nachkommen zu einer erfolgreicheren und aktiveren Teilhabe an der Gesellschaft zu befähigen.
6. Entscheidende Voraussetzung für eine bessere Integration ist, dass Einwanderer zu denselben Bedingungen wie Einheimische gleichberechtigt Zugang zu den Institutionen sowie zu öffentlichen und privaten Gütern und Dienstleistungen erhalten.
7. Ein wichtiger Integrationsmechanismus sind häufige Begegnungen zwischen Bürgern und Bürgern der Mitgliedsstaaten. Diese können durch gemeinsame Foren, durch interkulturellen Dialog, durch Aufklärung über die Einwanderer und ihre Kultur sowie durch integrationsfreundliche Lebensbedingungen in den Städten gefördert werden.
8. Die Europäische Grundrechtecharta garantiert die Achtung der Vielfalt der Kulturen und das Recht auf freie Religionsausübung, sofern dem nicht andere unverletzliche europäische Rechte oder einzelstaatliches Recht entgegenstehen.
9. Durch die Beteiligung von Einwanderern am demokratischen Prozess und an der Konzipierung integrationspolitischer Maßnahmen, insbesondere auf lokaler Ebene, wird ihre Integration unterstützt.
10. Die Einbeziehung von Integrationsmaßnahmen in alle wichtigen politischen Ressorts und auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Dienste ist ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Gestaltung und der Durchführung der jeweiligen Politik.
11. Es bedarf klarer Ziele, Indikatoren und Evaluierungsmechanismen, damit die Maßnahmen angepasst, die Integrationsfortschritte bewertet und die Informationsflüsse effizienter gestaltet werden können.


Quelle:
http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/de/jha/82862.pdf

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